Effizienz und Agilität bieten, auch in komplexesten Geschäftsprozessen, entscheidende Wettbewerbsvorteile. Deshalb gewinnen Lösungen für durchgängige Orchestrierung und Automatisierung von Prozessen zunehmend an Bedeutung (BOAT). Camunda 8, in Kombination mit Robotic Process Automation (RPA) und Künstlicher Intelligenz (KI), eröffnet neue Möglichkeiten, um Prozesse intelligenter und ressourcenschonender zu gestalten.
Dieser Blogartikel „Maximierung von Automatisierungspotenzialen mit Camunda 8, RPA und KI“ zeigt, wie durch die Integration von gezielten KI- sowie RPA-Microservices – auf Basis von „Out-of-the-box“-Connectoren – die Prozessautomatisierungspotenziale maximiert und manuelle Schritte auf ein Minimum reduziert.
Am Beispiel der „Intelligenten Rechnungsverarbeitung“ wird deutlich, wie KI in einem Camunda 8-Prozess unstrukturierte Daten klassifiziert und datenbasierte Entscheidungen trifft. Gleichzeitig übernimmt RPA die Automatisierung einfacher Aufgaben.
Das Ergebnis: Ein effizienter, reibungsloser Prozessablauf, der Routineaufgaben automatisiert, Fehler reduziert und die Nachverfolgbarkeit verbessert – eine solide Basis für zukunftssichere Prozesse.
Die Herausforderungen von traditionellen, manuellen Prozessen am Beispiel „Rechnungsverarbeitung“
Zur Veranschaulichung der Herausforderungen sowie möglichen Lösungen eignet sich der Prozess zur Verarbeitung von Rechnungen, vom Eingang per E-Mail bis zur Eintragung ins System. Die folgende Abbildung skizziert eine mögliche Variante der traditionellen Rechnungsverarbeitung basierend auf Praxiserfahrung.
- Eingehende E-Mails müssen manuell identifiziert und sortiert werden, z.B. nach Zuständigkeit, Dringlichkeit oder Echtheit. Die Rechnungsdokumente müssen gespeichert werden. Rechnungsdaten müssen einzeln geprüft und freigegeben werden (– d.h. Vorhandensein von Leistungsempfänger mit Adresse, Belegdatum, Steuersatz, Steuerbetrag etc.).
- Abweichungen vom Standard-Verlauf führen zu zusätzlichen manuellen Aktivitäten. Falls die Rechnung in Textform in der E-Mail gesendet wurde, muss diese zunächst in ein Dokument (z.B. PDF) umgewandelt werden. Auch eventuelleNachforderungen führen zu zusätzlichen Verwaltungsaufwand.
- Vereinzelt kann auf moderne Technologie zurückgegriffen werden, z.B. für die Datenextraktion. Eine halbautomatisierte Verarbeitung in Form von Feld-Erkennung (IDP – Intelligent Document Processing) ist oft bereits Standard, jedoch muss jede neue Rechnung erst in das System eingearbeitet werden.
Viele Unternehmensprozesse folgen noch heute diesem Prinzip – manuell, zeitaufwändig und ineffizient, obwohl sie nur wenige Entscheidungen erfordern. Zwar werden die Prozesse häufig digital unterstützt, jedoch existieren kaum Möglichkeiten zur weiteren Optimierung und Automatisierung. Solche manuelle Prozesse bringen vielmals Unklarheiten und Risiken mit sich: Wie wird sichergestellt, dass alle Rechnungen bearbeitet werden? Wie lässt sich der Status und Fortschritt messen – insbesondere bei Krankheit und Urlaub? Wie kann die Bearbeitungszeit verringert werden, ohne zusätzlichen Druck auf die Mitarbeitenden auszuüben?
Im folgenden Abschnitt wird veranschaulicht, wie moderne Technologien und deren Kombination eine nachhaltige Grundlage schaffen können, um diese Herausforderungen zu bewältigen und Prozesse effizienter und automatisierter zu gestalten.
Durch Orchestrierung von RPA und KI zur „Intelligenten“ Rechnungsverarbeitung
Durch den Einsatz von Camunda 8 in Verbindung mit RPA und KI kann der Rechnungsprozess grundlegend optimiert und automatisiert werden. Die folgende Abbildung abstrahiert die erforderlichen Technologien zur Automatisierung der jeweiligen Aktivitäten. Durch die Verwendung der Camunda 8 Low-Code-Connectoren für RPA und KI kann der obige Prozess nahezu 1:1 abgebildet werden.
- Rechnungs-E-Mail eingegangen: Eingehende Rechnungen werden automatisiert erkannt, beispielsweise durch einen Inbound-Connector oder RPA-Lösungen. Eine manuelle Vorsortierung entfällt vollständig.
- Rechnung extrahieren: Ein RPA-Microservice übernimmt die Extraktion der relevanten Informationen aus der Rechnung.
- Informationen klassifizieren und validieren: Die extrahierten Daten werden an ein KI-Modell übergeben, um alle relevanten Angaben einer Rechnung zu identifizieren. Diese Klassifizierung mittels KI beschleunigt und vereinfacht die folgende manuelle Freigabe erheblich. Zusätzliche Angaben können dadurch ebenfalls gefiltert und bei Bedarf eine Handlungsempfehlung generiert werden.
Was ist der konkrete Mehrwert von KI?
In der Praxis stoßen traditionelle Technologien bei der Verarbeitung von unstrukturierten Daten oft an ihre Grenzen. Dies liegt beispielsweise daran, dass Rechnungssteller unterschiedliche Begriffe, Sprachen, Währungseinheiten und Zahlenformate verwenden. Natural Language Processing (NLP), also die Analyse und Umwandlung der natürlichen Sprache, z.B. mittels eines Large-Language-Modells (LLM), bietet dafür eine geeignete Lösung.
- Prüfen und Freigabe erteilen: Ein „Human in the Loop“ erteilt die Freigabe der Rechnung mithilfe der KI-generierten Handlungsempfehlung. Der manuelle Aufwand wird so auf ein Minimum reduziert, ohne Prozesshoheit zu verlieren.
- Automatisierte Benachrichtigungen: Prozessbeteiligte, wie der Absender, werden automatisch per E-Mail über den aktuellen Status informiert. Dank der Vorteile von BPMN kann an beliebigen Stellen eine automatisierte Kommunikation stattfinden.
- Rechnung übertragen: Die Rechnungsdaten und Anhänge werden per RPA in ein beliebiges Zielsystem übertragen.
- Automatisierte Nachforderungen bei unvollständigen Rechnungen: Mit Hilfe des KI-Modells können Nachforderungen auf Basis der vorherigen Ergebnisse und zusätzlicher Angaben des Prüfers automatisch generiert werden.
Durch diese Kombination werden die jeweiligen Stärken der Technologien optimal genutzt und Risiken minimiert:
- RPA wird als langfristiger Baustein in End-to-End-Prozesse integriert, statt als eine konkurrierende Inseltechnologie zu fungieren
- KI erweitert die möglichen Anwendungsfälle von klassischer Task-Automation und wird nicht als parallele, isolierte Standalone-Anwendung implementiert
- In Camunda kann die effizienteste Prozessversion implementiert werden, ohne durch Einschränkungen der klassischen Programmierung (API’s, Services) begrenzt zu sein
Der folgende Abschnitt veranschaulicht eine mögliche Implementierung des Prozesses.
Implementierung der Intelligenten Rechnungsverarbeitung mit Camunda 8, UiPath und OpenAI
Die beispielhafte Implementierung der Intelligenten Rechnungsverarbeitung setzt die beschriebenen Schritte um, indem ein Camunda 8 Prozess verschiedene UiPath- und OpenAI-Connectoren orchestriert. Der folgende Abschnitt beleuchtet die Funktionsweise im Detail.
Detaillierte Erläuterung der Schritte im operativen Prozess:
- Rechnung in Postkorb eingegangen: Im vorliegenden Beispiel wird der Prozess durch einen gesonderten RPA-Bot ausgelöst, der ein Outlook-Postfach auf eingehende Mails überwacht. Ein Webhook triggert die Verarbeitung. Für jede Mail wird eine eigene Instanz erstellt (unter der Annahme, dass jede Rechnungsmail auch eine Rechnung erhält; dieser Mechanismus kann flexibel gestaltet werden).
- Daten extrahieren: Mit Hilfe des UiPath-Outbound-Connectors „Extrahierung starten“ wird im Subprocess (siehe Abbildung 2) ein Queue-Item im UiPath-Orchestrator erzeugt. Auf diese Queue ist eine Queue-Trigger hinterlegt, der eine autonome („unattended“) Ausführung des gleichnamigen RPA-Prozesses „Daten extrahieren“ auf einer verfügbaren Maschine startet. Der RPA-Microservice speichert vorhandene Anhänge, falls vorhanden, oder erstellt andernfalls ein PDF aus dem E-Mail-Text. Der native Text der PDF wird anschließend extrahiert. Diese Ausführung ist grundsätzlich asynchron, kann jedoch mit Hilfe des UiPath-Inbound-Connectors „Auf Output warten“ wieder synchronisiert werden. Der Inbound-Connector fragt in einem Schleifenmechanismus den Status des spezifischen Jobs in UiPath ab (– identifizierbar über die Job-ID). Im Falle eines Errors oder Timeouts wird ein BPMN-Error erzeugt („Extraction Error aufgetreten“). Die Ergebnisse der Extraktion und zusätzliche Meta-Angaben der Mail werden über den Output des Connectors übergeben (Result Expression).
- Invoice verarbeiten: Die extrahierten Rechnungsdaten werden als Prozessvariable in den OpenAI-Connector „Invoice überprüfen“ übermittelt. Mit passenden Prompts werden die extrahierten Rechnungsdaten ausgewertet. Das Ergebnis des Open-AI-Connectors wird einerseits in „raw form“ gespeichert und andererseits über die Result Expression mittels RegEx in spezifische Variablen umgewandelt, die für den weiteren Verlauf erforderlich sind.
- Invoice auf Vollständigkeit prüfen: Im einzigen Formular des Prozesses erhält der Prüfer relevante Metadaten zur E-Mail (z.B. Absender und Eingangsdatum), den originalen Rechnungstext und die KI-Auswertung inklusive Handlungsempfehlung (siehe Abbildung 3). Über ein Select-Dropdown trifft der Anwender die Entscheidungen über den weitere Verlauf – entweder die automatisierte Übertragung ins System oder automatisierte Nachforderung.
Für die Übertragung ins System (ein Sharepoint-Liste) ist eine asynchrone Verarbeitung für den Showcase ausreichend zielführend, sodass keine weiteren Inbound-Connectoren in diesem Schritt erforderlich sind. Auch für die automatisierte Nachforderung wird dieser Ansatz im Showcase beibehalten. In der Praxis sollten jedoch zusätzliche Sicherheitsmechanismen und Ausnahmebehandlungen berücksichtigt werden.
- Bestätigungsmail verwenden und Rechnung ins System übertragen: Im Fall einer vollständigen Rechnung wird eine Bestätigungsmail an den Absender versendet (fester Text) und ein Eintrag in eine SharePoint-Liste durchgeführt, die als Zielsystem fungiert. Dabei werden spezifische Angaben sowie das Rechnungsdokument hinzugefügt.
- Nachforderung erstellen und Nachforderungsmail versenden: Im Fall einer unvollständigen Rechnung wird die Erstellung einer Nachforderungsmail durch einen weiteren OpenAI-Outbound-Connector „Nachforderungsmail erstellen“ angestoßen. Die Mail basiert auf den Ergebnissen der KI-Rechnungsprüfung (als History-Eintrag). Mithilfe passender „Prompts“ wird die Antwort des KI-Connectors unmittelbar als Nachforderungsmail über RPA versendet (siehe Abbildung 4).
Der Prozess wird in der Implementierung anschließend durch eine weitere Instanz erneut gestartet, sobald die Antwort auf die Nachforderungsmail mit der korrigierten Rechnung eingeht. Für den Showcase-Zweck ist dieser Ablauf ausreichend detailliert, während er in der Praxis in der Regel weniger tiefgehend ist.
Aus Connectoren wiederverwendbare Microservices erstellen
Ein zentrales Paradigma von Camunda-Prozessen ist die Schaffung von wiederverwendbaren Bausteinen. Doch wie kann dieses Paradigma auch bei Verwendung von unterschiedlichen Technologien fortgeführt werden?
Entscheidend ist die Beachtung einiger Grundsätze bei der Erstellung der Connector-Sequencen, analog zur Entwicklung klassischer Services. Dann können auch Subprozesse bestehend aus Connector-Sequenzen zu wiederverwendbaren Bausteinen ausgebaut werden (analog zu Abbildung 2).
Wichtige Grundsätze, die dabei berücksichtigt werden sollten:
- Fachprozessspezifische Angaben in RPA-Prozessen: Diese sollten ausschließlich über Variablen hinterlegt werden, um eine Veränderung durch den Camunda-Prozess zu ermöglichen (z. B. verwendeter E-Mail-Nutzer, Postfach). Die eingesetzte Software, wie etwa das E-Mail-Programm, sollte jedoch festgelegt werden.
- Fehlerbehandlung im Subprozess: Notwendige Fehlerbehandlungen sollten im Subprozess erfolgen, um vorhersehbare Ergebnisse für den Hauptprozess sicherzustellen.
- Synchronisierung der RPA-Ausführung: RPA-Prozesse sollten grundsätzlich synchronisiert werden, damit der finale Ausführungsstatus im Hauptprozess vorliegt.
- Gestaltung von RPA-Prozessen: RPA-Prozesse sollten in kleinerem Umfang und gezielt entwickelt werden. Je fokussierter ein RPA-Prozess ist, desto flexibler kann er in verschiedenen Prozessen eingesetzt werden (deshalb auch der Begriff „Microservice“).
- Standardisierung von Inputs und Outputs: Inputs und Outputs sollten standardisiert werden, analog zu Camunda-Subprozessen, um eine konsistente und wiederverwendbare Nutzung zu gewährleisten.
- Modellierung von KI-Sequenzen mit „Moderation“-Einschätzung: KI-Sequenzen sollten mit einer „Moderation“-Einschätzung modelliert werden, sodass prozessspezifische Richtlinien angewendet werden können.
Fazit und Vorteile der intelligenten Prozessautomatisierung mit Camunda 8 + RPA + KI
Der Showcase zur intelligenten Rechnungsverarbeitung demonstriert eindrucksvoll, wie der Einsatz von Camunda 8, RPA und KI die traditionelle Prozessbearbeitung revolutionieren könnte. Die Lösung bietet nicht nur eine massive Zeitersparnis, sondern reduziert auch den manuellen Aufwand und steigert die Transparenz. Camunda 8 ermöglicht es, verschiedene Technologien nahtlos zu orchestrieren und die Prozesse flexibel an sich verändernde Anforderungen anzupassen. Die Nutzung von Camunda 8 Connectoren beschleunigt die Entwicklung solcher Prozesse erheblich. Moderne Technologien und Bestandssysteme können dadurch mühelos miteinander kombiniert und integriert werden. Unternehmen profitieren von einer effizienteren Ressourcennutzung und einer Entlastung ihrer Mitarbeitenden von monotonen Aufgaben – ein echter Mehrwert in der modernen Prozessautomatisierung.
Zusammengefasst ergeben sich folgende Vorteile:
- Effizienzsteigerung: Die Bearbeitungszeit wird drastisch verkürzt, da viele Schritte direkt hintereinander ausgeführt werden können und manuelle Eingriffe minimiert werden. So erhalten Mitarbeitende mehr Zeit für wertschöpfende Tätigkeiten.
- Skalierbarkeit: Durch Erstellung von wiederverwendbaren Connector-Microservices können Anwendungen schneller und effizienter umgesetzt werden.
- Erweiterung der Möglichkeiten: Nur durch die Kombination der Technologien können spezifische Anwendungsfälle ermöglicht und sinnvoll umgesetzt werden.
- Erhöhte Transparenz und Nachverfolgbarkeit: Jeder Schritt der Rechnungsbearbeitung ist zentral nachvollziehbar, unabhängig davon, welche Technologie zum Einsatz kommt. Bei Bedarf können Folgeanalysen unmittelbar auf den zentralisierten Daten aufbauen.
- Minimierung von Fehlerquellen: Durch die KI-gestützte Plausibilitätsprüfung und automatische Nachforderung werden typische menschliche Fehler deutlich minimiert.
Unser Angebot
Als Camunda Platinum Partner sind wir der ideale Partner für die Umsetzung intelligenter Prozessautomatisierungen auf Basis von Camunda 8:
1. Innovationsworkshop: Wir besprechen Ihre Ausgangssituation, definieren Ziele und identifizieren Potenziale. Gemeinsam bewerten und priorisieren wir diese. Am Ende des Workshops haben Sie konkrete Ideen, wie Sie erfolgreich in das Thema starten können.
2. Planung der Vorgehensweise: Basierend auf Ihrer Ausgangssituation und vorhandenen Technologien wählen wir die passende Architektur und planen die detailliert Umsetzung.
3. Umsetzung eines Prototyps: Wir konzentrieren uns auf die Quick Wins und stellen sicher, dass der erste Schritt bereits einen wertvollen Beitrag zur Prozessverbesserung leistet. Bei der Umsetzung des Projekts setzen wir auf einen agilen Ansatz. In enger Zusammenarbeit mit Ihnen entwickeln wir die Lösung schrittweise und integrieren sie fortlaufend in Ihre Strukturen. So können wir flexibel auf geänderte Umstände reagieren. Der Erfolg ist sicher: Wir verfügen über ein Team von zertifizierten Camunda 8 Entwicklern, RPA-Experten und KI-Spezialisten.
Sie benötigen weitere Ideen oder der Anwendungsfall mit Camunda 8 ist zu spezifisch?
Unser übergeordnetes Whitepaper zu „Business Process Management: Intelligente Prozessautomatisierung“ behandelt weitere Begriffsabgrenzungen, Einsatzfelder und Potenziale.